Anfang der Woche las ich auf fotografr.de einen Artikel von Cora und Georg Banek zum Thema Bildkritik, der für mich der Anlass war, mich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Ausführliche Bildkritiken liest man nicht so oft im Internet. Die Seite fokussiert.com bildet eine der Ausnahmen, denn hier wird Fotografen die Möglichkeit geboten, sich bzw. ihr Werk der Kritik professionell arbeitender Fotografen auszusetzen. Auch der Lichtinformer bietet dies seit einem Jahr an. Ich lese diese Kritiken mit großem Interesse, denn sie sind lehrreich. Sie machen es im weitesten Sinne möglich, mit den Augen des Kritikers zu sehen, der sich mit dem Bild auseinandersetzt. Es hilft dabei, den eigenen Blick zu schulen und Bilder anders zu beurteilen.
Das genaue Gegenteil sind meist die Kommentare in Fotocommunities wie Flickr, 500px, Foren oder Blogs. Hier wird oft, scheinbar im Vorübersurfen, gelobt und gelobt und gelobt. Negative Kommentare liest man selten, konstruktive Kritik ist rar. Ohne Frage freut man sich über positive Äußerungen, schließlich mag man seine Bilder, sonst hätte man sie nicht hochgeladen, aber weiterbringen tut uns das nicht. Vor einigen Tagen erhielt ich zu einem Bild zwei freundliche Kommentare, in denen nicht nur gelobt wurde, sondern beide eine Idee für die Verbesserung des Bildes hatten. Das hilft mir, mich mit meinem Werk noch einmal neu auseinanderzusetzen und mich zu fragen, warum ich das Bild so und nicht anders aufgenommen habe. Hilft der Vorschlag wirklich? Was macht das mit meinem Bild? Das funktioniert natürlich nur, wenn die Kritik konstruktiv formuliert ist. „Das Bild taugt nichts“ ist wenig hilfreich, da würde auch bei mir eine Klappe fallen.
Aber wie beurteilt man ein Bild? Wie formuliert man eine (positive oder negative) Kritik so, dass der Fotograf damit etwas anfangen kann? Das ist nicht so einfach und will geübt sein. Eine sehr hilfreiche Anleitung fand ich auf der Seite Punctum Saliens. Ah Bah! (Angewandt heuristisches Bildbetrachtungs-Anleitungs-Hilfssystem). Dort hat Roland Voegtli ein aufschlussreiches, nettes Tutorial entwickelt, das sicher immens dabei hilft, ein Bild zu kritisieren. Herr Voegtli teilt seine Übungen zunächst danach ein, wie lang wir ein Bild betrachten wollen. Die erste Stufe umfasst 20-30 Sekunden. Der Verfasser meint dazu:
Zum Schmunzeln, aber wenn man mal ganz ehrlich ist, ist das bei der Bilderflut, der man täglich im Internet begegnet, eigentlich die Norm oder schaut ihr normalerweise länger auf jedes Bild? Ich fühle mich ertappt und habe die erste Lektion gelernt. 😉
Weiter geht es bei Ah Bah! mit längeren Betrachtungszeiten und hilfreichen Tools wie die Checkliste für Kurzkritik, die Tabelle über visuelle Submodalitäten und dem Fragen-Generator. Ich habe das Tutorial an einem meiner Bilder ausprobiert und finde es hilfreich. Mich würden eure Eindrücke interessieren. Wie sind eure Erfahrungen mit Kritik an euren Fotos? Kritisiert ihr andere Fotografen oder schweigt ihr lieber, wenn euch etwas nicht gefällt?
Weitere Links zum Thema
Was ist eine gute Bildkritk? – Kwerfeldein.de
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