Glück

Vor einigen Wochen sprang mir ein Facebook-Post der Ostkreuzschule ins Auge, in dem auf einen Workshop zu der Frage „Lässt sich Glück fotografieren?“ hingewiesen wurde. Seitdem denke ich immer wieder darüber nach. Wie kann das gehen, wenn man auf Stereotypen und Klischees verzichten will? Lässt man diese zu, ist es einfach. Abgelichtet wird, was das kollektive Gedächtnis mit Glück assoziiert. Strahlende Kinderaugen, ein sich küssendes Brautpaar, Urlauber, die mit einem fotogenen, alkoholischen Getränk dem Sonnenuntergang beiwohnen, ein Glückskleeblatt… Mit ein bisschen Lebenserfahrung weiß man, hinter solchen Fotos können ganz andere Gefühle bzw. Geschichten stecken. Ich bin mir z. B. absolut sicher, dass nicht alle Hochzeitspaare an ihrem großen Tag so glücklich sind, wie allgemein angenommen und abgebildet wird ;-). Aber ich schweife ab.

Und was ist Glück überhaupt? Definiert das letztendlich nicht jedes Individuum ganz für sich allein? Also könnte ich folgerichtig zu diesem Thema nur fotografieren, was ich selbst empfinde? Mir fiel als allererstes tatsächlich das obige Bild ein, weil ich mich an meine Gefühle in dem Moment erinnere. Das Bild ist Anfang April im Morgenlicht entstanden. Das erste, noch zarte Grün leuchtete mir entgegen und vermischte sich beim Blick durch den Sucher mit den Resten des vergangenen Herbstes. Und in dem Moment empfand ich wirklich Glück über diese Farben, den Frühling und die Sonne, die mir diesen Anblick schenkte.

Aber da müssen doch noch mehr Glück-Fotos sein? Ich verschlagworte meine Aufnahmen in Lightroom sehr persönlich. Ich trage oft quasi alle Begriffe ein, die ich mit dem Bild assoziiere. Also müsste mir die Stichwortsuche doch viele passende Bilder ausspucken. Tja, was soll ich sagen? Es sind genau 2 Bilder (von rund 68.000), und beide sind erst in diesem Jahr entstanden. (Was mir das jetzt sagen soll, ist mir noch nicht ganz klar ;-).)
Das zweite ist weiter unten zu sehen. Entstanden Mitte Januar vor meiner Haustür, an dem ersten wirklich schönen Morgen mit reichlich Sonnenschein, nach einer langen, trüben Wetterlage.

David duChemin „Das Herz der Fotografie“ Seite 144

DuChemin regt durch obige Aussage dazu an, sich mehr Gedanken über die Gefühle zu machen, die ein Bild transportiert. Auch das habe ich im Kopf hin und her gedacht. (Ja, ich denke viel nach :D)

Dabei ging mir ein spätes Licht auf. Ich habe mein Waldprojekt immer noch nicht fertig, weil mir irgendwas nicht stimmig zu sein scheint. Immerhin habe ich meine Herangehensweise schon einmal verworfen, aber irgendwas fehlt immer noch. DuChemin würde mich vermutlich fragen, was ich fühle, wenn ich im Wald bin? Das ist jetzt der dritte Ansatz, der es zwar nicht leichter, aber stimmig macht. Natürlich bereue ich ein bisschen, hier so forsch darüber geschrieben zu haben. Anderseits ist es ein Prozess, der keinerlei äußerem Druck folgen muss. Ich muss keine Deadline bedienen. Ich habe jetzt noch ein oder zwei neue Bildideen, mal sehen…….. Aber ich habe mir selbst versprochen, hier solange kein Wort mehr darüber zu schreiben, bis ich es präsentieren kann und will.

Glück


Zum Abschluss ein ganz wunderbarer Film über das Gefühl, mit der Natur verbunden zu sein und die Glücksgefühle, die dabei empfunden werden können. Ich lebe zwar hier oben im äußersten Norden des Landes nicht umgeben von derart imposanter Natur, aber darum geht es auch gar nicht. Ich kann so gut nachfühlen, was diese Frau beschreibt:

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12 Antworten zu „Kann man Glück fotografieren?”.

  1. Jörn

    Hallo Conny,

    für mich ist Glück eine Momentaufnahme, die auch sehr schräge Facetten umfassen kann. Ich hatte mal sehr intensive Glücksgefühle in einem neuen Job. Ansonsten hatte ich bei der Fragestellung (Glück Fotografieren) sofort genau die Dinge im Sinn, die du dann aufgezählt hast. 😊

    Mir gefallen die Lichtstimmungen, die du da eingefangen hast!

    Jörn

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    1. Hallo Jörn,

      so sehe ich das auch und es wäre sicher interessant, diese kleinen Mini-Momente des Glücks von Menschen auf der ganzen Welt zu erfragen, da es sicher auch große kulturelle Unterschiede gibt.

      Liebe Grüße

      Conny

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  2. Hi Conny
    Beim Lesen deiner Post fiel mir die Parallele von Glück und Fotografie ein: Glück ist ein Gefühl des Moments und ein Foto ist das Bannen eines Moments. Das eine versucht, das andere Unhaltbare zu halten. Naja, damit sind wir eigentlich des Teufels nach Goethes „Faust“.
    Anyway, unseres Erachtens kann man Glück jenseits der Klischees schwerlich fotografieren.
    Keep well
    The Fab Four of Cley
    🙂 🙂 🙂 🙂

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    1. Hallo Klausbernd,

      oh ja, die Parallele ist mir heute morgen vor Augen geführt worden, als ein wunderschönes Licht einen entfernten Hügel beleuchtete. So ein Anblick löst ein Glücksgefühl in mir aus und ich zog blitzschnell das Handy aus der Tasche, hob es in den rechten Winkel und – du ahnst es sicher schon – da war das Licht schon wieder weg. Manchmal kann man es nicht festhalten und es bleibt bestenfalls eine Erinnerung an diesem Moment. 

      Liebe Grüße

      Conny

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      1. Liebe Conny
        Im gewissen Sinn macht das diese Momente noch mehr besonders (huch, kann man das im Deutschen so sagen, ‚very special‘ würde ich sagen).
        Liebe Grüße vom kleinen Dorf am großen Meer
        The Fab Four of Cley
        🙂 🙂 🙂 🙂

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  3. Hallo Conny,
    interessante Frage, die du da in der Überschrift gestellt und im Text zu beantworten versucht hast – ich mag dein sehr persönliches Nachdenken über solche Fragen auch immer sehr.
    Ich glaube, dass Glück eine sehr persönliche Empfindung ist, die bei den Menschen oft durch ganz Unterschiedliches hervorgerufen wird. Ist sicher von Erfahrungen und auch von der Persönlichkeitsgrundstruktur abhängig. Und von daher wären für jeden Menschen Bilder, die das Glück darstellen, auch unterschiedlich. Für mich wären das vielleicht sogar nicht mal nur Menschen, die glücklich lachen oder lächeln, sondern vielleicht auch tief versunkene Menschen, die einfach in einer Tätigkeit oder überhaupt in etwas aufgehen, also Flow erleben. Und bei Natur kommen mir zum Beispiel schöne grüne Wälder oder das Meer in den Sinn.
    Liebe Grüße
    Ulf

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    1. Hallo lieber Ulf,

      stimmt, Flow oder eine andere Form der Versunkenheit kann beim Betrachter ein Glücksgefühl auslösen (und vermutlich auch bei dem, der das gerade erlebt). Mir geht es so, wenn ich Menschen dabei beobachte, die ich gut kenne und/oder sehr mag. Das ist dann ein ganz warmes Gefühl im Herzen. Ich bin da also ganz bei dir. Mit Menschen hat mein Glücksempfinden allgemein eher selten zu tun, dafür sehr viel mit dem (für mich) perfektem Wetter und der Natur.

      Liebe Grüße

      Conny

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  4. Glück fotografieren, das geht. Ich möchte dran festhalten, nicht vorrangig das zu fotografieren, was ich sehe, sondern mit den Fotos sichtbar zu machen, was ich spüre. Glück lässt sich sicher eher spüren, als sehen, von daher besteht Hoffnung…

    Deine Fotos passen da mit ihrer Wärme und Ruhe übrigens klasse rein.

    Abgesehen davon, sind mir zur Frage, was Glück sei, 2 Definitionen eingefallen. Das eine ist die kitschige Dauer-Floskel „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“. Die hilft eigentlich überhaupt nicht; auch nicht für gute Glücks-Fotos.

    Das andere ist eine Beschreibung von Glück, die ich wirklich mag, bezogen auf alle Bereiche. Beziehungen, Job, Kontakte, Wirkkreise, einfach für alles:

    „Glück ist, ohne Rechtfertigung so sein zu dürfen, wie man gemeint ist.“

    Das wünsche ich uns allen, und wenn es gut läuft damit, sollte man das unseren Fotos wenigstens ein bisschen ansehen dürfen, finde ich… 😉

    Eine glückliche Bilderzeit wünsche ich Dir!

    Herzlich, Dirk

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    1. Hallo Dirk,

      vielen Dank für deine Gedanken! Glück ist auch, einen tiefen Frieden in sich zu finden, ja vielleicht weil man einfach sein darf.

      Liebe Grüße

      Conny

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  5. Hallo Conny,

    viele Menschen fotografieren ja, weil es sie glücklich macht. Einige von uns halten das fest, was uns glücklich macht. Aber wohl die wenigsten versuchen, das Glück selbst in Bildern zu dokumentieren.

    Streng genommen ist Glück die Folge von der Ausschüttung bestimmter Hormone im Körper. Das zeigt der Clip „Sekundenglück“ ganz schön: LIcht, menschliche Wärme, Tiere, Meer, überhaupt Natur, Liebe und immer wieder Licht…. Da sind wir wieder bei der Fotografie.

    Ganz liebe Grüße,

    Werner

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    1. Hallo lieber Werner,

      vermutlich wird man die Ergebnisse des angeführten Workshops nie zu sehen kriegen. Spannend wäre es allemal. Das Video ist wundervoll, kannte ich noch nicht. Es zeigt, wie unterschiedlich Momente des Glücks sein können. Manche konnte ich nachempfinden, an manche habe ich mich erinnert und andere haben so gar nichts mit meinem Erleben zu tun. Bei Fussballfans scheint die Hormonausschüttung ansteckend zu sein ;-).

      Liebe Grüße

      Conny

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  6. birdhonestly0e5c3ec5ed

    Liebe Conny,

    Glück ist so ein so großes Wort und kann dich in so kleinen Dingen gefunden werden. Ja man kann Glück fotografieren ohne sich auf den ausgetretenen Wegen zu bewegen.

    Ich mag die Interpretation von Glück in diesen Beitrag sehr und kann die Wärme förmlich spüren.

    Das  ist sehr schön.

    Viele Grüße Jürgen

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