… ist immer individuell. Als ich mit der Fotografie begann, war ich beeinflusst von der Meinung der Fotografen, für die ein Bild bzw. ein Foto nur dann eines ist, wenn es so wie es ist, aus der Kamera gekommen ist. Ein bearbeitetes Foto, womöglich ein durch Bildbearbeitung regelrecht manipuliertes Bild ist kein gutes Foto, wenn es denn überhaupt noch so genannt werden kann. Das hat sich im Laufe der Jahre geändert, heute zählt für mich nur das Endergebnis, der Weg dahin kann unterschiedlich sein. Außer in der Reportagefotografie, die einen dokumentarischen Anspruch hat, ist die Bildgestaltung, auch die nachträgliche, meine künstlerische Freiheit. Das Bild, das dadurch entsteht, kann durchaus dem entsprechen, welches ich gesehen habe, denn mein Auge oder besser gesagt mein Gehirn kann Bildelemente wahrnehmen und andere ausblenden, die mich stören. Um das zu verdeutlichen, habe ich dieses Beispielbild ausgesucht.
An diesem Motiv interessierten mich die Bergzüge im Hintergrund, das kleine Tal, das meinen Blick anzieht, der See, die Weite und natürlich das Fischerboot. Die Segler und die Häuser am Berg empfand ich zwar als störend und vor allem völlig überflüssig, aber so sah es da nun mal aus. Kürzlich fiel mir dieses Foto wieder ein und ich machte mich daran, aus ihm endlich das zu machen, was ich damals schon gesehen habe. Dementsprechend habe ich die Bearbeitung vorgenommen. Ich gebe zu, beim Wegstempeln der Hochhäuser habe ich kurz gezögert, denn das stellt eine Verfremdung der Realität dar, wohingegen die Situation, dass nur ein Fischerboot auf dem See zu sehen ist, durchaus der Wirklichkeit entsprechen könnte. Ich habe die Häuser dennoch aus dem Foto retuschiert, denn mein Ziel war nicht zu zeigen, wie es an diesem See aussieht, sondern meine Interpretation dieser Szene. Nach der Konvertierung in s/w war es dann fertig, reduziert auf das, was das Bild für mich ausmacht. Und hätte ich darüber nicht geschrieben, würde es kein Mensch sehen ;-).
Das Ausgangsbild wurde übrigens 2007 aufgenommen. Wo, ist nach diesem Text nebensächlich 🙂
Hallo unbekannterweise =)
Ich teile deine Meinung. Ich habe früher auch immer nur ein wenig am Farbrad gedreht, einfach weil meine kleine Digicam mit der ich angefangen hatte das Licht so wie es war gar nicht einfangen konnte und ich es später quasi wieder herstellen musste. Auch da bekam ich oft zu hören, das es dann mit Fotografie nichts mehr zu tun hat, es zähle nur die Technik und das man mit der Kamera so umgehen können muss, dass das Bild der Realität eben zu 100% entspricht. Irgenwann dachte ich mir aber auch, das Kunst (wie auch immer man sie nun definiert) und vor allem aber meine Vorstellungskraft gar kein „muss“ haben sollte. Ich hab dann angefangen Bilder zu fotografieren in die ich schon von vorn herein Teile anderer Fotos oder sogar zeichnerische Elemente einfügen wollte, bei anderen Fotografien entstand es ganz natürlich, das ich sie sah und meine Gedanken auf Wanderschaft gingen.
Es ist schön und ich bewundere Menschen, die die Technik so im Griff haben das keine Bearbeitung nötig ist, aber wenn jemand etwas darstellen möchte so wie er es gesehen hat, egal ob es der Realität entsprach, dann ist das genauso wunderbar, weil dieser Mensch Vorstellungskraft besitzt.
Liebe Grüße
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Vielen Dank für deinen Kommentar! Du hast sehr schön beschrieben, wie das Bild in deinem Kopf entsteht und das sind mir oft die liebsten Bilder, weil da ein großer Teil der eigenen Persönlichkeit drin steckt. Besonders deinen letzten Satz würde,ich genau so unterschreiben!
Deine Webseite finde ich sehr ansprechend und freue mich schon darauf, sie gemütlich durchzustöbern 🙂 LG, Conny
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Hallo Conny,
die Kunst ist frei.
Deine persönliche Haltung und Entwicklung bei der Bildbearbeitung kann ich sehr gut nachvollziehen; sie entspricht in etwa auch meiner. Auch ich war früher der Meinung, ein Foto dürfe niemals „manipuliert“ werden: Welch ein Frevel! – But the times-they-are-a-changing. 🙂
Heute sehe ich das gänzlich anders: Es gibt eben nicht nur eine Wirklichkeit, sondern ebenso viele wie es Menschen gibt. EIn jeder hat seine eigene Sicht. Und das ist gut so.
Auch wenn der Vergleich hinkt: Aber was wäre uns allen verborgen geblieben, wenn Cezanne nicht irgendwann begonnen hätte, in den Landschaften, die er malte, Formen zu sehen und Berge, Städte, Bäume schließlich nur noch als geometrische Figuren zu malen? –
Also machen wir weiter und fügen der Wirklichkeit unsere eigenen Bilder hinzu.
Lg,
Werner
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Da hast du Recht, Werner, die Kunst liefert viele Beispiele. Und auch in den realen Dunkelkammern wurde manipuliert, was das Zeug hält. LG, Conny
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Ich habe mit dem Fotografieren anders Sehen gelernt und irgendwann habe ich versucht das was mir wichtig zu betonen, auf ganz verschiedenen Wegen. Ich hatte immer wieder nette Diskussionen über mein „Verfälschen“ der Fotos mit meinem Hobbyfotografen-Vater der sogar super aktiv in der Gesellschaft für Fotografie war, fast ein Leben lang. Dann habe ich überlegt, ob ich mich nun doch mehr den fototechnischen Dingen zu wenden muss, damit ich gute Bilder mache.
Ein wenig habe ich das dann auch gemacht, damit ich gute Ausgangsfotos hatte, die ich dann weiter bearbeitet habe. Sie müssen mir gefallen, habe ich beschlossen, das ist für mich das Hauptkriterium und wenn sie dann auch noch dem ein oder anderen um mich rum gefallen, dann ist alles o.k. 🙂 Deines hier gefällt mir sehr gut und gerade diese Weite mit dem Hintergrund finde ich sehr schön.
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Ich glaube, ohne brauchbare Ausgangsfotos wird das auch nichts. Du hast ja eine echte Begabung, Pflanzen wunderschön zu fotografieren, wenn meine Mutter, die gar nicht fotografieren kann, eine Rose aufnehmen würde, würdest vermutlich nicht mal du aus dem Bild noch was rausholen 😀
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Hi Conny,
ein Beitrag, der mir sehr gut gefällt!!!
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Das freut mich natürlich, danke!
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Man sieht mit dem Herzen (okay mit dem Gehirn) und wenn da in dem Moment keine Hochhaeuser stehen, umso besser..
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Ja, das stimmt. Wie hältst du es mit deinen Bildern?
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hi, vom Stempeln halte ich nicht so viel, versuche die Perspektive sofern moeglich so zu waehlen, das ich stoerende Elemente vermeiden kann. Was die Atmosphaere, sprich Dynamik einer Szene angeht sind die Sensoren selbst hochwertiger Kameras eher duerftig ( max 75%), daher arbeite ich haeufig mit HDR- Technik 3-5-7 Aufnahmen. Auch sonst korrigiere ich Fotos in die Richtung meiner persoenlichen Erinnerung und meines Geschmacks, wobei ich manchmal auf mein Iphon spreche um mich besser zu erinnern. Ich darf daran erinnern, das Wahrnehmung auch die eines Szenarios, sehr subjektiv ist und wir 90% eines Bildes aus unseren Erinnerungen zusammensetzen, wohlgemerkt nicht die, die wir beim Abdruecken hatten. Die Neurowissenschaften sprechen hier mittlerweile ein sehr deutliche Sprache.
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Mit HDRs habe ich es nicht so, meine ersten Ergebnisse waren grottig, dann ließ ich es, deine sind großartig! Das mit der Sprachnotiz auf dem iPhone ist eine gute Idee, denn natürlich spielt uns die Erinnerung ständig Streiche, mir jedenfalls 😉
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sehr wahr!! Hab ich früher auch anders gesehen, aber dazugelernt, dass es eben verschiedene Motive gibt ein Bild zu machen. Dem Betrachter zu zeigen, was Du siehst, ist ein schönes Motiv- gerade weil Du einen so besonderen Blick hast… sehr schön!!
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zweifellos ist das bearbeitete bild das, das den blick mehr in den bann zieht. ich bin da ambivalent muss ich sagen. ich finde in manchen stellen die stempelei ok, wenn sie für den fotografen das stört, was er eigentlich gesehen hat. aber wild herumstempeln, nur damit es das perfekte motiv ist, finde ich wiederum nicht gut. obwohl es auch wieder drauf ankommt – unter dem begriff ‚grafik‘ oder ‚bild‘ ist es in ordnung, nur als ‚foto‘ geht es dann bei mir nicht mehr durch.
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Deine These läßt sich prima im direkten Vergleich illustrieren:
Rötelzeichnung Bildnes Camille Monet, 1866/67 von Claude Monet
./.
Fotografie Afghanische Grenze, Pakistan 1984 von Steve McCurry
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Ich habe jetzt versucht herauszubekommen, um welche Bilder es sich handelt, leider haben google und/oder ich dabei versagt. Hast du vielleicht einen Link? Ich kann das so leider nicht nachvollziehen.
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#1 Die Zeichnung entstammt einer Privatsammlung in NY und dürfte in diversen Quellen zu den Impressionisten zu finden sein.
#2 Für die Aufnahme von Sharbat Gula (with her piercing sea-green eyes staring directly into the camera) erhielt Steve McCurry (on Kodachrome color slide film, with a Nikon FM2 camera and Nikkor 105mm F2.5 lens) in 1985 eine Auszeichnung.
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Zu #2: Das Bild heißt m. E. „Afghanisches Mädchen“ und das kenne ich natürlich.
#1 Schade, ich habe leider keine Zeit, stundenlang nach einem Gemälde zu googlen.
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Da gebe ich Dir VOLLKOMMEN Recht. Ich glaube, mit dieser Meinung fängt jeder an. Wobei ein gelungenes Foto durchaus ohne Bearbeitung möglich ist. Und die Fotografen die es so meinen gibt es auch. Vor langer Zeit hatte ich beim SWR einen Freund der sogar mit Filter gemachte Fotos als unmöglich empfand…
Heute wird das Bild gezeigt, das ich als zeigenswert empfinde, egal welchen Weg es gegangen ist. Es ist wie mit vielen anderen Dingen im Leben: man schränkt sich nur selbst ein oder aus…
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Deinen letzten Satz hänge ich mir gedanklich über den PC 🙂
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*hihi* DANKE. Pure Lebenserfahrung:-)
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Und noch ein später Kommentar zu Deinem tollen Artikel. Ich bin mittlerweile auch für die Manipulation am Bild. Einzig bei Reiseberichten sind Veränderungen die den Ort nicht mehr so hergeben wie er ist ein No-Go. Wenn es sich aber um ein isoliertes Foto handelt das einen künstlerischen Wert haben soll, dann kommt man um die Manipulation nicht herum. Erst durch das bewusste verändern zeigt der Fotograf was er gesehen und empfunden hat. Da zählt nur das Ergebnis.
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